12
Mrz
2006

Morgendlicher Schockalarm

Der Tag ist noch so jung und mir sind bereits zwei aufregende Sachen passiert. Träumend liege ich im Bett. Und verdammt, es ist ein herrlicher Traum. Es ist einer dieser Träume, die ein verliebtes Gefühl hinterlassen, sobald man die Augen aufgeschlagen hat. Meistens weicht dieses Verliebtsein der Enttäuschung, dass doch alles nur ein Traum war und man allein im Bett liegt, gar kein Sportboot, den schicken Prada Bikini und eine eigene Siddha-Yoga-Lehrerin hat und erst recht nicht mit dem Mann seiner (aktuellen) Träume auf der cremefarbenen Yacht-Sitzecke liegt, während er einem die Füsse massiert und immer wieder beteuert, wie schön man doch wäre.
Ich liege also träumend im Bett. Plötzlich reisst mich ein lautes Knallen aus dem (ich muss es noch mal sagen) herrlichen Schlaf. Was zur Hölle… ich schiebe meine Schlafbrille auf die Stirn und lausche. Da, wieder ein Krachen! Und… tiefe Männerstimmen, die wild durcheinander reden. Ich tippe spontan auf die Bauarbeiter-Fraktion. Na fein. Es ist vorbei mit der Nachtruhe. Ist ja auch schon 7.30 Uhr, da kann man ja ruhig mal ein bisschen vor meiner Haustür herumpoltern und Krach machen. Aber noch gebe ich nicht auf, vielleicht war das Lärmen nur ein Versehen, und verkrieche mich unter zwei Kissen und ziehe mir zusätzlich noch die Decke über den Kopf. So halte ich es aber gerade mal zwei Minuten aus. Mit hochrotem Kopf und dem Erstickungstod nahe, grabe ich mich aus der Höhle und latsche schlecht gelaunt in die Küche. Erst mal einen Roiboos Tee Karamel und eine Prise Frühstücksfernsehen Premiere einschalten. Morgens einen kranken Gruselfilm zu gucken (Feardotcom) kommt mir irgendwie gestört vor und ich schalte auf den Discovery Channel. Fein, eine Sendung über Sky City, das soll mal eine 1 km hohe Stadt in Form eines Wolkenkratzers werden. Wie interessant, das gucke ich. Glücklich sitze ich im Nachthemd auf der Couch, trinke meinen Tee und lausche dem überaus interessanten Bericht. Ich höre genau drei Minuten, da ist es mit dem Verstehen des Sprechers auch schon vorbei.
BOHRER!!! Bohrgeräusche so laut als würde man mir direkt die Schädeldecke anbohren! Ich fasse es nicht. Es gibt nichts auf der Welt, das ich mehr hasse, ausser Stau und Labskaus, absolut nichts. Bohrgeräusche stehen auf meiner Hass-Liste auf jeden Fall ganz ganz oben. Mein Blick geht zur Uhr. Ok. Es ist 7.45 Uhr. Eine Viertelstunde vor offizieller Krachmach-Zeit. Schnell hat mein Hirn entschieden: ich beschwere mich. Ich gehe mich beschweren, jawoll. Ich trampel zur Haustür (energischer Auftritt signalisiert Aggressivität und Entschlossenheit) und rechne fest damit, einem schon jetzt verschwitzten Bauarbeiter im Holzfällerhemd mit rotem Kopf und dazugehöriger Fahne die Meinung zu geigen, als es klingelt.
Es klingelt?! Das bringt mich leicht aus dem Takt, ganz leicht nur, denn ich reisse trotzdem wutentbrannt die Haustür auf. SCHOCK! Da steht ja schon einer direkt vor mir. Und was für einer… Ich starre ihn an. Ich bin mir nicht sicher, ob mein Mund offen steht, aber ich weiss, dass ich starre und ich kann in dem Moment auch nichts dagegen tun. Mir fällt Gabrielle ein und sie singt "...it's really rude to stare".
ER sieht aus wie frisch vom Surfbrett gestiegen. Blondgesträhntes (natürlich von der Sonne!) lockiges (LOOOCKEEEEN!!!) Haar, ein lässiges Shirt, noch lässigere Jeans und Flipflops. In meinem Kopfkino läuft „die blaue Lagune“ mit uns als Hauptdarsteller und ich glaube, ein bisschen „inside Deep Throat“ „Basic Instinct“ war auch dabei. Innerhalb von Sekunden finde ich meine Sprache wieder (ich bin schliesslich Profi) und mein Hirn rutscht wieder dahin, wo es hingehört.

„Muss das sein??“ belle ich.
Er lächelt mich an. Was für tolle Zähne! Oh Gott… Bohrer Jennie, der bohrt um diese Uhrzeit!! Er lächelt mich also an und sagt (allen ernstes):
„Was? Was muss sein?“
Ich: „Na das BOHREN!! Hast du (ich weiss macht man nicht, aber wie uncool wäre es, den zu siezen?) mal auf die Uhr geguckt? Hier bohrt man erst ab ACHT!!!“
Er: „Bist du die Hausmeisterin?“
Ich (sichtlich geschockt über gestellte Frage): „…………“
Er: „Siehst du. Ich wollte dir nur sagen, dein Wagen steht im Weg, wir können nicht ausladen.“
Ich: „…….“ (ausladen?)
Er: „es wäre nett, wenn du ihn schnell umparken könntest. Aber vielleicht ziehst du dir kurz was anderes an, meine Jungs lassen sich so schnell ablenken.“
FUUUUUUCK!!! Ich habe ja noch mein (kurzes) Nachthemd an… OH FUCK OH FUCK.
Scotty soll mich upbeamen oder der Erdboden soll sich auftun oder…
Ich ringe um Fassung, stammel nur ein „Ok.“
Und schliesse die Tür.
Völlig fertig rutsche ich mit dem Rücken die Tür entlang und sitze auf dem Boden. Was zur Hölle ist da gerade passiert? Wo ist meine Schlagfertigkeit und wo ist meine Wut? Ich bin das grösste Arschloch der Welt, nicht immer, aber oft, wie kann es sein, dass mich so ein schmalziger Surfertyp aus der Fassung bringt?!
Es klopft. Oh Gott… bitte nicht.
Vorsichtig mache ich auf.
Er schon wieder. „Du wohnst hier noch nicht mal und nervst mich schon!“ würde ich ihm am liebsten an den Kopf knallen. Stattdessen sage ich: „was ist denn noch?“
Da streckt er mir seine Hand entgegen, lächelt das ultimative Surferlächeln und sagt:
„ich bin Mats. Ich bin dein neuer Nachbar. Und übrigens… schöne Schlafbrille!“
Klasse.
Nach all diesen Strapazen brauche ich erst mal ein Franzbrötchen vom besten Bäcker der Welt und eine Frühstückslektüre. Ich fahre also aus meiner Einfahrt raus und fast direkt in ein anderes Auto hinein. Vollbremsung. Ich atme ein. Ich atme aus. Ich lächle. Der Mann im anderen Auto lächelt nicht. Ok ich lächle unsicher und mache grosse Augen, versuche die Klein-Mädchen-Nummer. Der Mann lächelt immer noch nicht und fährt auch nicht weiter. So kann ich auch nicht weiterfahren. Ich signalisiere ihm mit einem hochgestreckten Daumen, dass doch alles ok ist und dass er weiterfahren soll. Da kurbelt er sein Fenster runter und schreit: „Blödes Scheiss-Mädchen!“
Bitte?????????????????????????????????????????????????????
DAS hätte er mal zu mir sagen sollen, DAS geht eindeutig zu weit!
Ich lasse mein Fenster runterfahren und schreie: „untervögelter Vollspasti, dämlicher, verpiss dich von meiner Strasse!“
Schnell drücke ich die Zentralverriegelung. Er zeigt mir noch den Fucker, macht den Scheibenwischer und pöbelt Zeugs, das ich nicht verstehe, weil ich mein Fenster aus Sicherheitsgründen schnell wieder hochfahren lasse. Er fährt weiter, ich fahre weiter und mit einem beschämten Blick Richtung Haustür sehe ich, dass scheinbar der neue Nachbar Mats und all seine Kollegen meine Vorstellung gesehen haben.

Das heisst.; Er weiss schon jetzt, wie ich morgens aussehe, dass ich scheisse Auto fahre und dass ich ab und an eine leichte Aggressivität an den Tag lege.
Wir könnten also quasi gleich heiraten.

Mein Rohr, mein Rohr explodiert!

Ich kann meine ganzen Ikea Möbel selber aufbauen, die Wasserkiste alleine hoch schleppen und wenn es sein muss, dann fülle ich auch das Wischwasser im Auto alleine nach. Aber eins kann ich scheinbar nicht... Mit gefährlichen Chemikalien umgehen.

Mein Abflussrohr im Waschbecken im Bad war eigentlich seit meinem Einzug seit ein paar Tagen verstopft. Am Anfang ging es ja noch, aber mit der Zeit wurde es immer und immer ekeliger. Es kam ein phasenweise Ekel erregender Gestank aus dem Loch und es war einfach nicht schön, dass man so lang vor dem Waschbecken stehen bleiben musste, bis das Wasser endlich mal abgelaufen war, um dann die leckeren Zahnpasta- und Auswurf-Reste zu beseitigen. Man schafft locker das erste Kapitel von "Liebeswut" oder sogar eine ganze Cosmopolitan, während man so dasteht und wartet.
So stiefelte ich schon vor zwei Wochen los, um ein fieses Mittelchen gegen verstopfte Rohre zu kaufen. Es war so ein Double-Schaum-Mittel, welches wirklich half, aber noch nicht zum einwandfreien Abfluss führte. Die Plörre lief zwar schneller ab, aber noch nicht schnell genug. Deshalb kaufte ich heute die Chemiekeule, den Turbo-Booster der Rohrreiniger, die Vorstufe einer Atombombe! Ich wunderte mich schon etwas darüber, dass dieses Gebräu völlig legal käuflich zu erwerben war und ich nicht in einem Hinterhof per auffälligem Augenzwinkern und noch auffälligerem coolen Kopfnicken in ein gruseliges Zimmer geführt wurde, in welchem ich dann meinen Geldkoffer abstellte und mir die verbotene Ware in die Hand gedrückt wurde. Nein, alles wirklich ganz legal und an der Kasse tippte mir auch niemand von hinten auf die Schulter: "Frau von und zu, kommen Sie bitte mal mit!".
So stand ich vor meinem Waschbecken und las die Gebrauchsanweisung. Ich bin ja nicht doof. Man muss sich vorher informieren, gerade bei waghalsigen Experimenten mit chemischen Mittelchen. Auf der Rückseite der komisch geformten Packung stand: ein EL Pulver ins Rohr geben, eine Tasse Wasser hinterher. Achtung, das Rohr kann aufgrund der chemischen Reaktion heiss werden. Aha. EL heisst Esslöffel. Das bedeutet: ein Suppenlöffel. Denn TL bedeutet Teelöffel. Aber es ist auch egal, denn ich schüttete die Hälfte des Wundermittels in den Abfluss. Es handelte sich schliesslich um eine extreme Verstopfung! Erst passierte gar nichts. Dann stieg mir schlagartig ein wahnsinnig beissender Geruch in die Nase. "OH GOTT! Meine Nase...ich kann nicht...atmen!!" Tränen schossen mir in die Augen und mir wurde schwindelig. Oh je oh je... ich lief in die Küche, schnell, die Tasse Wasser! Man kann ja nicht einfach das Wasser laufen lassen, iiiwoooo es muss schon genau eine Tasse Wasser sein. Dass die Wassermenge für diese Mega-Ration Höllenpulver aber viel zu wenig war, war mir aufgrund meines Zustandes, den man mittlerweile als "high" betiteln konnte, total entgangen. Und dann passierte es... es qualmte und zischte... es brodelte und knallte... und mit einem Mal blubberte eine kackbraune Sosse direkt aus meinem Abfluss ins Waschbecken. Geschockt starrte ich mit sicherem Abstand von der Tür aus aufs Geschehen, natürlich mit telefonischer Verstärkung, die Freundin am Ende der Leitung schrie: "Kipp Wasser nach, kipp Wasser nach!!!" "Hab ich doch, hab ich doch!!!" "Mehr Wasser, ,mehr Wasser!!!" Ich riss den Hahn auf. Und dann ging es ab, ja es ging sogar so was von ab! Es hat wahnsinnige Geräusche gegeben, es stank wie es nur in der Hölle stinken kann und es schoss noch schlimmer als vorher aus dem Rohr.
"Mein Rohr... MEIN ROHR! Es explodiert!!! Ach du gute Güte...ES EXPLODIERT!!"
Schreiend knallte ich die Tür zu und lief ins entfernteste Zimmer, ins Ankleidezimmer. (Ja ich hab ehrlich eins!) Ich wartete... langsam näherte ich mich nach einer Weile dem Ort des Geschehens/ Grauens. Ich öffnete die Tür und POTZBLITZ, die Suppe war komplett abgelaufen und noch besser: mein erster Test verlief perfekt. Das Wasser läuft so schnell ab, so schnell kannst du gar nicht gucken! Ich bin die Grösste. Aber noch mal mach ich das wohl nicht. Da muss schon ein Klempner her. So ein sexy Viech im Blaumann... ich warte aber noch bis zum Sommer, da kommen die Kerle bestimmt oberkörperfrei. Oder so.
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