Die klare Linie
Nein, als Künstlerin würde ich mich nicht bezeichnen. Obwohl ich so gern eine wäre. Denn Künstler dürfen so sein, wie ich bin. Chaotisch, dramatisch, unzuverlässig, sensibel, verträumt, wankelmütig und schlicht und ergreifend: ohne eine klare Linie. Zum geordneten Glücklichsein braucht man diese klare Linie. Wurde mir gesagt. Man braucht sie, um vernünftigerweise Geld auf die hohe Kante zu legen. Man braucht die klare Linie, um das Ziel, das man vor Augen hat, ausdauernd zu verfolgen. Und man braucht sie, um sich anständig von Menschen zu trennen, die man liebt.
Ich war nie Freundin der klaren Linie. Nicht umsonst lief ich als Kleinkind ständig mit verbundenen Händen herum, weil ich nicht nur immer wieder auf die heiße Herdplatte gefasst, sondern auch interessant leuchtende Lichtkugeln näher betastet habe. Unbelehrbar biss ich wieder und wieder beim Duschen nach dem Grundschul-Schwimmunterricht in die süß duftenden Seifen-Früchte, nur um danach angewidert mit offenem Mund unter dem Duschstrahl zu stehen und Wasser zu schlucken. Nie blieb dieser erschreckende Moment der Überraschung darüber, dass die Seife wieder nicht nach Frucht schmeckte, aus. Obwohl ich durch die verlängerte Dusch-Sitzung immer die Letzte war und direkt in den Bus springen musste und mir dadurch das Softeis durch die Lappen ging, lernte ich nicht daraus.
Und nun bin ich erwachsen. Die neue 3 steht in den Startlöchern und was die klare Linie betrifft, bin ich immer noch das Kind. Ich weiß nicht mehr, ob ich mich an irgendeinem Punkt in meinem Leben dafür entschieden habe, meinem Bauch das Kommando zu überlassen oder ob ich das schon immer so gehandhabt habe. Vielleicht sieht meine Linie deshalb bis heute so aus:

Ich finde sie schön. Dieses Auf und Ab, dieses Vor und Zurück und ganz besonders liebe ich das Individuelle. Wie kann eine klare Linie individuell, wie kann sie besonders sein? Wie kann sie das zum Ausdruck bringen, was ich fühle, was ich denke, was ich sage, was ich liebe? Ganz besonders was ich liebe? Für mich passen die klare Linie und die Liebe so gut zusammen wie Labskaus mit Nutella.
Wie soll ich all meine Gefühle, egal ob liebevoll oder hasserfüllt, unter Berücksichtung der klaren Linie ausdrücken? Manchmal hasse ich eben, dann geht die Linie hart und unkontroliert nach unten, manchmal liebe ich heiss und innig, dann zieht sie Kreise und schiesst über das Papier hinaus. Und manchmal verletze ich, dann wird die Linie ganz dünn und wenn ich verletzt werde, dann setzt sie für einen Moment ganz aus. Wie soll ich mich mit einer klaren Linie darstellen?
Wie soll das aussehen? So: ?

Nein. Das bin ich nicht. Und das werde ich nie sein. Und wer meine eigenen, ehrlichen Linien nicht mag, der soll sich in den Linien-Bus setzen und davon fahren. Oder sich eine andere Linie suchen, die dann vernünftig und ohne Umwege zum Ziel führt.
Ich war nie Freundin der klaren Linie. Nicht umsonst lief ich als Kleinkind ständig mit verbundenen Händen herum, weil ich nicht nur immer wieder auf die heiße Herdplatte gefasst, sondern auch interessant leuchtende Lichtkugeln näher betastet habe. Unbelehrbar biss ich wieder und wieder beim Duschen nach dem Grundschul-Schwimmunterricht in die süß duftenden Seifen-Früchte, nur um danach angewidert mit offenem Mund unter dem Duschstrahl zu stehen und Wasser zu schlucken. Nie blieb dieser erschreckende Moment der Überraschung darüber, dass die Seife wieder nicht nach Frucht schmeckte, aus. Obwohl ich durch die verlängerte Dusch-Sitzung immer die Letzte war und direkt in den Bus springen musste und mir dadurch das Softeis durch die Lappen ging, lernte ich nicht daraus.
Und nun bin ich erwachsen. Die neue 3 steht in den Startlöchern und was die klare Linie betrifft, bin ich immer noch das Kind. Ich weiß nicht mehr, ob ich mich an irgendeinem Punkt in meinem Leben dafür entschieden habe, meinem Bauch das Kommando zu überlassen oder ob ich das schon immer so gehandhabt habe. Vielleicht sieht meine Linie deshalb bis heute so aus:

Ich finde sie schön. Dieses Auf und Ab, dieses Vor und Zurück und ganz besonders liebe ich das Individuelle. Wie kann eine klare Linie individuell, wie kann sie besonders sein? Wie kann sie das zum Ausdruck bringen, was ich fühle, was ich denke, was ich sage, was ich liebe? Ganz besonders was ich liebe? Für mich passen die klare Linie und die Liebe so gut zusammen wie Labskaus mit Nutella.
Wie soll ich all meine Gefühle, egal ob liebevoll oder hasserfüllt, unter Berücksichtung der klaren Linie ausdrücken? Manchmal hasse ich eben, dann geht die Linie hart und unkontroliert nach unten, manchmal liebe ich heiss und innig, dann zieht sie Kreise und schiesst über das Papier hinaus. Und manchmal verletze ich, dann wird die Linie ganz dünn und wenn ich verletzt werde, dann setzt sie für einen Moment ganz aus. Wie soll ich mich mit einer klaren Linie darstellen?
Wie soll das aussehen? So: ?

Nein. Das bin ich nicht. Und das werde ich nie sein. Und wer meine eigenen, ehrlichen Linien nicht mag, der soll sich in den Linien-Bus setzen und davon fahren. Oder sich eine andere Linie suchen, die dann vernünftig und ohne Umwege zum Ziel führt.
Frau Settergren - 5. Jul, 22:08