Schubs mich!
Du hüpfst die Stufen runter und verlässt den Club, in welchem du die Nacht verbracht hast. Du hast getrunken, hast gelacht und hast getanzt. Müde bist du, hundemüde, aber glücklich. Du stehst vor der Absperrung, es ist kalt, so kalt, dass dein Atem dampft und du weißt, deine Nase wird gleich laufen. Dir kommt der Gedanke, jetzt sofort ins Taxi zu springen, schaust kurz Richtung Stand und siehst kein einziges. Du fragst dich gerade, wo deine verdammten Freunde sind, da greift dir auch schon eine Hand in die Kapuze, zieht sie hoch und dir ins Gesicht. “Los, komm, wir gehen was essen.” Du zögerst kurz doch dann denkst du dir, ach was solls, gehen wir halt was essen. Du hast zu viel getrunken, nüchtern bist du nicht und du lässt dich mitziehehn. Im McDonalds ist es viel zu hell, die noch betrunkeneren Leute gehen dir mit ihrem Gehabe und ihrem Gerede auf die Nerven und du lässt deinen Blick schweifen. Und bleibst bei ihm hängen. Die letzten vier Stunden hast du ihn nur in der Dunkelheit gesehen, doch jetzt, in dem ehrlichen kalten Fastfood-Ketten-Licht bist du erstaunt, wie gut er aussieht. Süss ist er, mit seinen Locken und seinen grünen Augen. Wenn er lacht, hat er ein Grübchen, aber nur links und er schaut sich die Pommes immer kurz an, bevor er sie in den Mund schiebt. Jeden einzelnen. Als würde ein Käfer drauf sitzen oder als wäre eine geheime Botschaft eingraviert.
Scheiße, denkst du, wie ich ausseh?! Du drehst dich um und versuchst, dein Spiegelbild in der Scheibe zu erhaschen, er merkt es. Peinlich. “Du siehst bestens aus. Entspann dich.” sagt er und schiebt dir die Pommes rüber. Bestens? Wohl kaum, aber du nimmst es gern an. Du bist froh, dass er schnell isst und noch froher bist du über die frische kalte Luft draußen. Du stehst ihm gegenüber, wirst langsam nüchtern und gleichzeitig verlegen und erzählst was von einem Taxi. Er zieht dich an sich und schiebt dich irgendwie in seinen Parka, der schön warm ist und gut riecht. “Komm, wir gehen ein Stück.” Du magst eigentlich nicht, dir tun die Füße weh und du hast genug Geld in der Tasche, um ein Taxi zu nehmen. Doch ein Gefühl sagt dir, dass es gut werden könnte.
Ihr lauft über die Reeperbahn, er legt jedes Mal vorsichtig den Arm um deine Hüfte, wenn Betrunkene dich streifen und dir ist klar, dass du es magst, sonst würde es dir nicht auffallen. Endlich lauft ihr Schleichwege, endlich wird der Lärm leiser, die Lichter dunkler. Und so wie die Umgebung ruhiger wird, wird er offener, als wöge er sich in Sicherheit. Erzählt von seinem Hund, den er als Kind Fidibus taufte, von seiner Angst vor offenen Türen und du denkst, das kann nicht sein, die Angst habe ich auch... Ihr stellt noch viel mehr Gemeinsamkeiten fest und irgendwann kommt ihr an einen alten Kaugummiautomaten. Du erzählst ihm, dass deine Oma dir nie Kaugummis gekauft hat, weil sie der Meinung war, die Penner würden dort hineinpissen. Er lacht und wirft 10 Cent ein. Es kullern zwei Kaugummikugeln heraus Eine orangefarbene und eine gelbe. “Welche Farbe?” fragt er. Und gibt dir schon die gelbe. “Pissgelb für die Dame!” Du lachst. Und steckst dir die Kugel in den Mund.
Eine Weile kaut ihr schweigend. Er schaut dich an und obwohl du seinen Blick magst, weichst du ihm aus. Gehst schneller und fängst an, ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm, zu singen. Er stimmt ein. Bleibt plötzlich stehen. Du drehst dich um und wartest. Komm doch, es ist kalt, rufst du. Er reagiert nicht. Du lachst, unsicher, aber ehrlich. Er dreht den Kopf nach rechts. “Du weißt, was da ist, oder?” Du verstehst erst nicht, doch dann siehst du, dass hinter dem Zaun ein Spielplatz ist. “Wer zuerst an der Rutsche ist, hat gewonnen.” Du rennst, versuchst, ihm von hinten in die Beine zu grätschen, was dir mißlingt und er gewinnt. Du Arsch, denkst du und er sagt atemlos: “Darf ich mir was wünschen?” Ach, wie lahm, du wirst dir einen Kuss wünschen und ich werde dich auslachen. Also spar dir die Blamage. “Ich hab mir eigentlich nur wünschen wollen, dass du einen Schweinebaumel machst, du eingebildete Schlampe.”
Ihr lacht wieder. Du machst diesen Scheiß Schweinebaumel und setzt dich auf die Schaukel. Aber schaukelst nicht. “Warum schaukelst du nicht? Hast du Höhenangst?” Du erinnerst dich an den Tag an der Alster. Kurz bevor dein Freund unverhofft mit dir Schluß machte, hast du das Schaukeln genossen. Du warst glücklich. Ich schaukel nicht mehr so gern, sagst du. “Was, wieso das nicht? Jeder schaukelt gern!” ruft er, springt von seiner Schaukel und schubst dich an. Gibt dir Schwung. Du schaukelst immer höher, du bekommst fast Angst, aber kannst nicht aufhören zu lachen. Du springst ab. Dein Fuß tut dir weh, aber dir ist das egal. Danke, sagst du. “Wofür?” Fürs Anstossen. Ihr geht weiter, unterhaltet euch über Gott und die Welt und du realisierst, dass es gefühlte tausend Jahre her ist, dass du so einen Spaziergang gemacht hast. Irgendwann sagt er: “So, da vorn wohne ich...” Die Pause ist zu lang und ihr beide wisst es. Du weißt, was jetzt kommt und wünscht dir, dass er nicht fragt. “Kommst du noch mit... auf einen Kaffee?” Ich trinke keinen Kaffee, und das ist nicht gelogen! sagst du, zu schnell und etwas zu laut. “Du kannst auch einen Tee haben... ich habe sogar Maracujasaft.” Du findest ihn niedlich, wie er da steht und versucht, es nicht zu versauen. Allein deshalb würdest du gern mitgehen. Und weil du neugierig auf seine Wohnung bist. So sind Frauen eben.
Ich kann nicht, sagst du stattdessen. Er schaut dich an. Zu lang. Schaut dir in die Augen. “Du bist traurig, oder?” Da war sie, die Frage, mit der du so nicht gerechnet hast, die du dir aber selbst ständig stellst. Du nimmst seine Hand in deine, hältst sie fest, ziehst die Linien im Laternenlicht nach, nur um ihm nicht ins Gesicht zu sehen. Ich muss jetzt, sagst du. “Ok. Komm gut heim...” Du lässt seine Hand los und gehst. Du spürst, dass er sich nicht rührt, dass er stehen bleibt, dir nachschaut. Du gehst schneller und fragst dich, was du da fabrizierst, warum du abhaust, wie oft du sowas noch machen willst... und stoppst. Drehst dich um. Er steht unverändert, mit beiden Händen in den Taschen, lächelnd und mit den Fußspitzen tippend, auf der Stelle. “Soll ich dir noch mal Schwung geben?” fragt er. Und du gehst nickend auf ihn zu.
Scheiße, denkst du, wie ich ausseh?! Du drehst dich um und versuchst, dein Spiegelbild in der Scheibe zu erhaschen, er merkt es. Peinlich. “Du siehst bestens aus. Entspann dich.” sagt er und schiebt dir die Pommes rüber. Bestens? Wohl kaum, aber du nimmst es gern an. Du bist froh, dass er schnell isst und noch froher bist du über die frische kalte Luft draußen. Du stehst ihm gegenüber, wirst langsam nüchtern und gleichzeitig verlegen und erzählst was von einem Taxi. Er zieht dich an sich und schiebt dich irgendwie in seinen Parka, der schön warm ist und gut riecht. “Komm, wir gehen ein Stück.” Du magst eigentlich nicht, dir tun die Füße weh und du hast genug Geld in der Tasche, um ein Taxi zu nehmen. Doch ein Gefühl sagt dir, dass es gut werden könnte.
Ihr lauft über die Reeperbahn, er legt jedes Mal vorsichtig den Arm um deine Hüfte, wenn Betrunkene dich streifen und dir ist klar, dass du es magst, sonst würde es dir nicht auffallen. Endlich lauft ihr Schleichwege, endlich wird der Lärm leiser, die Lichter dunkler. Und so wie die Umgebung ruhiger wird, wird er offener, als wöge er sich in Sicherheit. Erzählt von seinem Hund, den er als Kind Fidibus taufte, von seiner Angst vor offenen Türen und du denkst, das kann nicht sein, die Angst habe ich auch... Ihr stellt noch viel mehr Gemeinsamkeiten fest und irgendwann kommt ihr an einen alten Kaugummiautomaten. Du erzählst ihm, dass deine Oma dir nie Kaugummis gekauft hat, weil sie der Meinung war, die Penner würden dort hineinpissen. Er lacht und wirft 10 Cent ein. Es kullern zwei Kaugummikugeln heraus Eine orangefarbene und eine gelbe. “Welche Farbe?” fragt er. Und gibt dir schon die gelbe. “Pissgelb für die Dame!” Du lachst. Und steckst dir die Kugel in den Mund.
Eine Weile kaut ihr schweigend. Er schaut dich an und obwohl du seinen Blick magst, weichst du ihm aus. Gehst schneller und fängst an, ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm, zu singen. Er stimmt ein. Bleibt plötzlich stehen. Du drehst dich um und wartest. Komm doch, es ist kalt, rufst du. Er reagiert nicht. Du lachst, unsicher, aber ehrlich. Er dreht den Kopf nach rechts. “Du weißt, was da ist, oder?” Du verstehst erst nicht, doch dann siehst du, dass hinter dem Zaun ein Spielplatz ist. “Wer zuerst an der Rutsche ist, hat gewonnen.” Du rennst, versuchst, ihm von hinten in die Beine zu grätschen, was dir mißlingt und er gewinnt. Du Arsch, denkst du und er sagt atemlos: “Darf ich mir was wünschen?” Ach, wie lahm, du wirst dir einen Kuss wünschen und ich werde dich auslachen. Also spar dir die Blamage. “Ich hab mir eigentlich nur wünschen wollen, dass du einen Schweinebaumel machst, du eingebildete Schlampe.”
Ihr lacht wieder. Du machst diesen Scheiß Schweinebaumel und setzt dich auf die Schaukel. Aber schaukelst nicht. “Warum schaukelst du nicht? Hast du Höhenangst?” Du erinnerst dich an den Tag an der Alster. Kurz bevor dein Freund unverhofft mit dir Schluß machte, hast du das Schaukeln genossen. Du warst glücklich. Ich schaukel nicht mehr so gern, sagst du. “Was, wieso das nicht? Jeder schaukelt gern!” ruft er, springt von seiner Schaukel und schubst dich an. Gibt dir Schwung. Du schaukelst immer höher, du bekommst fast Angst, aber kannst nicht aufhören zu lachen. Du springst ab. Dein Fuß tut dir weh, aber dir ist das egal. Danke, sagst du. “Wofür?” Fürs Anstossen. Ihr geht weiter, unterhaltet euch über Gott und die Welt und du realisierst, dass es gefühlte tausend Jahre her ist, dass du so einen Spaziergang gemacht hast. Irgendwann sagt er: “So, da vorn wohne ich...” Die Pause ist zu lang und ihr beide wisst es. Du weißt, was jetzt kommt und wünscht dir, dass er nicht fragt. “Kommst du noch mit... auf einen Kaffee?” Ich trinke keinen Kaffee, und das ist nicht gelogen! sagst du, zu schnell und etwas zu laut. “Du kannst auch einen Tee haben... ich habe sogar Maracujasaft.” Du findest ihn niedlich, wie er da steht und versucht, es nicht zu versauen. Allein deshalb würdest du gern mitgehen. Und weil du neugierig auf seine Wohnung bist. So sind Frauen eben.
Ich kann nicht, sagst du stattdessen. Er schaut dich an. Zu lang. Schaut dir in die Augen. “Du bist traurig, oder?” Da war sie, die Frage, mit der du so nicht gerechnet hast, die du dir aber selbst ständig stellst. Du nimmst seine Hand in deine, hältst sie fest, ziehst die Linien im Laternenlicht nach, nur um ihm nicht ins Gesicht zu sehen. Ich muss jetzt, sagst du. “Ok. Komm gut heim...” Du lässt seine Hand los und gehst. Du spürst, dass er sich nicht rührt, dass er stehen bleibt, dir nachschaut. Du gehst schneller und fragst dich, was du da fabrizierst, warum du abhaust, wie oft du sowas noch machen willst... und stoppst. Drehst dich um. Er steht unverändert, mit beiden Händen in den Taschen, lächelnd und mit den Fußspitzen tippend, auf der Stelle. “Soll ich dir noch mal Schwung geben?” fragt er. Und du gehst nickend auf ihn zu.
Frau Settergren - 13. Dez, 12:48