19
Feb
2010

Kitschig, aber wahr

Was ich heute schön fand:

Ein Tropfen Liebe ist mehr als ein Ozean an Wille und Verstand.
- Blaise Pascal.

17
Feb
2010

Notiz an mich

Liebe Frau Settergren,

die folgenden Zeilen sind für die Zeiten, in denen es dir vielleicht mal schlecht geht:

Du bist glücklich gerade. Du bist so glücklich, dass du alles und jeden umarmen kannst. Menschen, Tiere, Häuser. Wenn du könntest, würdest du die Zeit anhalten. Replay ist gar nicht nötig, Stop-Taste und Standbild reicht völlig. Wenn dein aktueller Zustand ein Bad mit Schaum wäre, würdest du trotz Loch im Trommelfell immer wieder hinein tauchen. Wenn die Ist-Situation essbar wäre, wäre sie ein Pfannkuchen mit Eszet-Schnitten belegt und wäre sie messbar, wäre sie höher als jedes Gebäude in Dubai, schwerer als die schwersten Elefanten, schneller als der Schall und lauter als ein Nebelhorn direkt neben deinem Ohr. Du ertappst dich dabei, wie du plötzlich im Auto anfängst zu lächeln. Du bist, für dich völlig untypisch, ständig freundlich, sogar zu der dicken Kassiererin mit den fettigen Haaren, die nie den Mund aufmacht. Du weißt nicht wohin mit deiner positiven Energie, deiner Lebensfreude und deinem Glück. Du bist glücklich gerade. Und wirst es wieder sein. Ich verspreche es dir.

16
Feb
2010

Liebesbrief

Würden mir die Worte fehlen und würde ich meinen Gefühlen mit eben diesen keinen Ausdruck verleihen können, gäbe es nur ein Lied, das ich für meinen Liebesbrief nehmen würde.


15
Feb
2010

Langfristige Liebe und Aldi-Nahrung

Wenn du dich eine sehr lange Zeit von Aldi-Eiersalat und Toastbrot ernährst, findest du das irgendwann ganz lecker. Ravioli schmecken dir auch und du vergisst all die früheren Orgasmen, die deine Geschmacksnerven betrafen. Du vergisst sie einfach. Ausradiert, nie geschehen. Doch irgendwann, irgendwo, serviert dir jemand das zarteste, perfekteste Stück Kobe-Rindfleisch und du wirst wach. Es gibt noch eine Creme Brulee als Nachtisch und du fragst dich, wie du dich die letzten Jahre so kümmerlich ernähren konntest. Und da Liebe durch den Magen geht, kann man das 1:1 übertragen. Du kommst aus einer Beziehung, die, sagen wir mal, irgendwo zwischen Lidl und Aldi angesiedelt ist. Auch wenn du nicht richtig glücklich warst, war es okay für dich, nicht den teuren Hohes C zu trinken, sondern den Rio D'oro. Es war in Ordnung, immer die Billigmarken im Kühlschrank zu haben, denn das Einzige, das man bei den teuren Produkten mit bezahlt, sind ja die Verpackungen. Du hast geliebt, also hat es geschmeckt. Dass du aber die ganze Zeit in einem Dornröschenschlaf schlummertest, dass du die ganze Zeit unter deinen Möglichkeiten gespeist hast, war dir, gefangen in den verwirrenden Abgründen der Gefühlswelt, nicht bewusst.

Und dann kommt da ein Typ, der dir nicht nur zuhört, sondern dir auch noch ein Feedback gibt, dir sagt, wie er dich sieht, wie er dich hört und was du alles bist und es fühlt sich an, als würden 127 Wecker zur gleichen Zeit ihren nervtötenden, aber wachmachenden Schepperton loslassen. Aufwachen, aufwachen, aufwachen!!! Du kannst es kaum glauben, kannst nicht fassen, dass du all die Zeit mit Jemandem verbracht hast, der E-Mails, in welchen nicht nur Worte standen sondern Herztöne klopften, und Briefe, geschrieben mit mehr Tränen als Tinte, zu oft unbeantwortet ließ. Als wären sie nie geschrieben worden, als hätten sie keinerlei Bedeutung. Der sich so sehr dagegen wehrte, dich an deine Hand zu nehmen, wie kleine Kinder gegen Impfungen. Für den es stets eine Verpflichtung war, dich zu treffen und kein Ereignis, auf das er sich tagelang freute. Kein Bumerang, der zurück kam, kein Spiel, das entstand: malst du mir ein Bild, bemale ich dir die Wand unter der Brücke in der Schanze. Machst du mir ein Tape, mache ich dir eine Platte. Erwähnst du einen Künstler, bringe ich ihn dir ins Wohnzimmer. Es gibt sie, diese Menschen, die dir das Gefühl geben, das alles möglich ist. Als gehöre dir die Welt. Als würdest du sagen: Jetzt möchte ich Seifenblasen und weiße Rosen sehen und er zaubert sie aus seiner Jackentasche. Alles was du willst. Und nicht mehr "alles was du willst, aber erst nach allem was ich will".

Und genauso gibt es auch die Menschen, die eine Beziehung als schön empfinden, nur weil man sich nicht streitet, weil alles so einfach ist. Menschen, die gar nicht verstehen, dass Streit der Austausch von Meinungen bedeutet, dass auch streiten eine Kunst ist. Dass es einen immer weiter zusammen bringt, wenn man sich vertragen hat, so eng, dass nichts mehr dazwischen passt. Frei nach dem Motto: mir geht's gut, ich bin gesund und meine Frau hat Arbeit. Es ist nur natürlich, dass diese friedlichen, aber einfachen Beziehungs-Mainstreamler nicht mit den chaotischeren, bunteren und emotionalen Beziehungs-Schmetterlingen zusammen passen. Ein Mainstreamler geht seinen Weg, ein Schmetterling fliegt erst mal ohne Plan. Hauptsache in der Luft, wohin es geht, wird der Wind schon zeigen. Letztendlich landen sie beide vermutlich irgendwann an dem gleichen Punkt, aber ein Hand in Hand ist da schwierig. Noch schwieriger gestaltet es sich, wenn einer der beiden selbst gar nicht weiß, was er ist. Und was er will. Fliegen wir, gehen wir, vor zurück, hoch runter, ja was denn nun? Es schenkt keine Energie, es raubt sie nur. Dabei wollen beide eigentlich und einfach das Selbe: einen Weggefährten. Einen, der den ganzen Weg mit einem geht. Und nicht bloß ein Stück bis zur nächsten Abzweigung.

Letzte Woche saß eine sehr alte Dame allein an einem Tisch in meiner Schicht. Es gibt sie, diese einsamen Menschen, die versuchen, mit irgendwelchen Phrasen ein Gespräch zu beginnen. Sie war nicht so ein Mensch. Als ich ihr Brot auf den Tisch stellte und gleich weiter wollte, hielt sich meinen Arm fest. "Sie lachen so viel, aber Sie haben traurige Augen. Ihr Herz lacht nicht mit!" Ach du Scheiße, dachte ich. Bitte nicht so einen Zigeunerkram während der Arbeitszeit. Doch sie ließ sich nicht beirren und fuhr fort: "Seit 4 Jahren bin ich jetzt ohne meinen geliebten Mann. Er kam zu mir als ich 17 war und ging von mir als ich 78 war. Glauben Sie mir, ich weiß, wie Liebeskummer aussieht." Ich lächelte und ging zurück hinter den Tresen. Ich polierte Gläser und beobachtete die alte Dame. Sie war schön gekleidet, in ihrem altrosa Tweed-Kostüm. Die Haare ließ sie sich sicher jeden Tag vom Friseur um die Ecke machen und auch wenn sie beim Auftragen des Lippenstiftes zitterte, sah er perfekt aus. Sie hob die Hand und zeigte auf ihr leeres Weinglas. Ich verstand und brachte ihr ein neues Glas. "Setzen Sie sich doch einen Moment zu mir. Es ist doch niemand da." Unangenehm sind mir derartige Einladungen in der Regel, doch sie tat mir leid und so setzte ich mich.

"Wissen Sie, es gibt einen Schlüssel für eine lange Liebe. Die Fähigkeit, kurz nach einem Streit aus vollem Herzen miteinander zu lachen. Hat man dieses Geschenk, diese Gabe, stehen die Chancen nicht schlecht, auch in der heutigen wertlosen Zeit miteinander alt zu werden." Ich schaute sie an. Sie blinzelte. Und ich fragte mich, warum diese Dame mit mir über die Liebe und nicht über den Schnee oder ihre Gesundheit sprechen wollte. "Ich komme gerade von meinem Mann. Ich bringe ihm jede Woche Blumen und seinen Lieblingstabak. Sie denken bestimmt, das ist verrückt, aber so ist er immer bei mir. Ich freue mich, ihn wieder zusehen. Ich glaube fest daran. Sie auch?" Sie musterte mich über den Rand des Glases hinweg und ich fing an, nervös auf meinen Lippen zu beißen. Sie wartete meine Antwort gar nicht ab und fuhr vor: "Sie können ihre Liebe sehen. Sie ist nicht begraben." Doch, das ist sie, dachte ich. Vielleicht nicht unter mehreren Schichten feuchter Erde, aber unter Ängsten, Zweifeln und Dummheit. Als hätte sie meinen Gedanken erraten, fuhr sie fort: "Verlieren Sie nicht den Glauben an das Langfristige. Es ist nicht ausgestorben, es ist hier überall. Aber diese Art von Beziehungen bedeuten Arbeit. Der Wille, an sich selbst zu arbeiten, der Wille, um etwas zu kämpfen, der Wille, ein Risiko einzugehen. Und die Bereitschaft, einander an der Hand zu halten." Ich nickte und erhob mich, zu eindeutig, zu schnell. Sie hatte mich und ich wußte es. Ich zog den Rückzug an, kniff mir hinterm Tresen fest in beide Arme und zwang die Tränen, in ihren Drüsen zu bleiben.

13
Feb
2010

Valentin, schön dass es dich gibt.

Ich kann es nicht mehr hören. All die miesepetrigen Hater, die meinen schönen Valentinstag kaputt reden. Ja, vielleicht hat ihn irgendjemand nur und ausschließlich aus dem Grund erfunden, um den Konsum anzukurbeln. Na und? Es ist doch trotzdem gut, wenn es einen Tag gibt, an welchem auch die emotionalen Grobmotoriker an die Liebe erinnert werden. Natürlich soll man seinen Liebsten immer und außer der Reihe sagen, wie sehr man sie liebt, wie toll sie sind und wie glücklich man ist, sie in seinem Leben zu wissen! Aber trotzdem ist es doch gut, wenn es noch mal einen festen Tag gibt, für all diejenigen, die es im Alltag einfach nicht können oder verpeilen. Und es geht da eben NICHT um glitzernde Geschenke oder um besonders Ausgefallenes. Dafür haben wir ja Weihnachten und Geburtstage. Nein, es geht um so schlichte Dinge wie eine Karte mit den richtigen Worten drauf. Eine Sms, die man schon viel zu lang abschicken wollte. Ein Anruf, den man sich immer vornahm und bei dem immer irgendwie etwas dazwischen kam. Ein Abwasch, damit die gestresste Mutter die Füsse hochlegen kann. Kein Streit um die Fernbedienung, sondern die absolute Bereitschaft, das Fussballspiel ohne murren mit zuschauen und sein Lieblingsgericht zu kochen. Oder einfach nur eine feste Umarmung mit den Worten "Schön, dass es dich gibt."

Der Valentinstag öffnet Türen. Und nicht nur die vollautomatischen Schiebetüren der Geschäfte. Sondern die auch die Tür im Herzen. Das ist so und das wird auch immer so sein. In erster Linie verstehen die Deutschen diesen Tag als den Tag für Verliebte. Und all die Singles bemotzen ihn, weil sie wieder zu ihrem Briefkasten schlurfen und keine süße Karte finden. Weil sie wieder in kurzen Abständen F5 im Posteingang drücken und keine E-Card eintrudelt. Weil sie niemanden haben, der sie zum Essen ausführt und ihre Hand nimmt. Und vielleicht auch, weil sie niemanden haben, der ihnen sagt, wie besonders sie sind. Aber das ist falsch. Und das sage ich jetzt nicht nur, weil ich mich auf den Valentinstag freue, sondern weil es wahr ist: Der Valentinstag ist nicht den Verliebten vorbehalten. Man sagt allen Menschen, dass man sie liebt. Und nicht nur der Person, mit der man sexuell aktiv ist. Jeder hat doch irgendeinen Menschen, dem er etwas schönes sagen könnte. Schreibt der Oma, dem Nachbarn, der besten Freundin oder auch dem Schwarm. Was habt Ihr zu verlieren? What goes around, comes around. Also lauft los, kauft Karten - für all diejenigen, die den Konsum boykottieren: bastelt welche, denkt euch ein Gedicht aus oder macht einfach ein Kompliment!

So wie die Jungs hier:



Ich wünsche all meinen Lesern einen liebevollen Valentinstag!

Eure Frau Settergren

12
Feb
2010

Sex im Ohr

Es gibt sie, die Songs, die machen, dass du mit dem Interpreten schlafen möchtest. Ich bin kein großer Fan vom Covern. Einfach, weil die Vergangenheit viel zu schreckliche Versionen hervorgebracht hat. Wütende Tobsuchtanfälle erlitt ich schon bei "The promise you made" - einer meiner Lieblingssongs von Cock Robin, total verhunzt von dieser belgischen Wuchtbrumme in zu engen Klamotten. Ernst gemeinte Mordgedanken hatte ich, als ich Stefanie Heinzmanns "The Unforgiven" hörte. Das kann ich allerdings niemals vergeben und wenn James wüsste, was dieses kleine Mädchen da angestellt hat, würde er vermutlich all seine Höllenhunde auf sie hetzen. Seek and destroy! Leg dich lieber nicht mit Metallica an, Mädchen, das hätte ich dir als Manager geraten. Das ist ein Lied, das ich nicht mal wage auf dem Klavier zu spielen, geschweige denn auch nur zu summen. Und die covert das? Diese Menschen sind seelenlos, Stümper und Ignoranten. Künstler sein bedeutet nicht nur, seine eigenen Kreationen und Ergüsse der tristen Welt zu schenken, oh nein. Es bedeutet ebenfalls, die Finger von bereits wundervoll geschaffenem zu lassen. Respekt zu zollen und egal wie gern man seine eigene Version davon hätte, lässt man es. Aber bevor ich mich zu sehr aufrege, kommen wir zu erfreulicherem.

James Morrison. Jeder mag denken, was er möchte, das soll hier jetzt auch nicht zu einem Fan-Outing ausarten. Aber sein Cover "come back and stay", im Original von unserem lieben Mr. Paul Young mit Herz und Seele gesungen, ist einfach perfekt. Selten benutze ich dieses Wort, aber hier gäbe es kein treffenderes. Unter normalen Umständen würde es seltsam klingen, aber hier kann ich es sagen: Der Song macht mich an. Er ist sexy. Und ich meine nicht das sexy, das Segeberger auf ihren Prollkarren als Nummernschild haben, auch nicht das sexy, das man zu dem Antonym von Skiunterwäsche sagt und auch nicht das sexy, das man irgendwie ironisch meint. Ich meine wirklich sexy. Die Stimme ist sexy, der Singsang ist sexy, der Mann ist sexy, der Song ist sexy. Und wenn jemand nur durch auditive Reize einen gewissen sexuellen Trieb und im menschlichen Körper den Drang auslöst, sich langsam und geschmeidig zu bewegen, sich an jemanden zu schmiegen, ist er ein Künstler. Ein libidofördernder Künstler.

Und weil am Sonntag Valentinstag ist, teile ich dieses Prachtstück mit Euch! Gern geschehen!

10
Feb
2010

Von Hippiemädchen, Strahlefamilien und Flirtportalen

Wenn du ein kleines Mädchen bist und mit Hippie-Eltern aufwächst, hast du nicht nur ständig Blumen im Haar, sondern auch den Wunsch nach Normalität im Bauch. Irgendwann bist du 3 oder 4 Jahre alt, gehst in den Kindergarten und merkst, dass die erwachsenen Erzieherinnen manchmal komische Fragen stellen. "Sind deine Eltern nicht verheiratet?", "Deine Mama war ganz schön jung, als sie dich bekam, oder?" und "Wer hat dir denn das T-Shirt mit dem aufgerichteten Mittelfinger angezogen?" Irgendwann wird dir klar, dass deine Familie eben nicht normal ist, du fängst an, dich manchmal zu schämen, dafür dass dein Papa keine Seglerschuhe trägt und kurz vor der Kindergartenpforte noch schnell die Zigarette wegschniekt und auch dafür, dass deine Mama kein Tennis spielt und beim Kochen keine schöne Schürze mit blaugetönten Koggen trägt. Dein Wunsch nach Normalität wird in dem Alter so groß wie dein Wunsch in den Dreissigern, etwas einzigartiges darzustellen. Alles was dir damals das Leben schwer machte, wird jetzt als hip angesehen. Und meistens von den mittlerweile erwachsenen Kindern der Eltern, die genau so waren wie eben beschrieben. Da du das alles aber erst viele Jahre später weißt, versuchst du, dir in diesem zarten Alter deine heile Welt zu basteln. Im wahrsten Sinne des Wortes. Jedes Pärchen, das dich freudestrahlend aus der Anzeige für Versicherungen anlächelt, wird ausgeschnitten und in ein Buch geklebt. Bevorzugt werden hier besonders die Sparkassen-Eltern. Gern auch mit pastellfarbenen Pulli locker über die Schulter geworfen mit zwei süßen Kindern, die gekämmte Haare und keine angetrockneten Essensreste um den Mund hatten, in welchem ein wenig zu lang die vorderen Schneidezähne fehlten.

Irgendwann entscheidest du dich, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, meldest dich beim Hockey an, gehst zum Ballett und es ist dir egal, dass dich diese Termine nicht mehr frei sein lassen. Du willst gar nicht frei sein, du willst normal sein. Doch du bist du und auch die Mitgliedschaft im Spießer-Sportverein lässt dein ständig verdrecktes BMX-Rad nicht verschwinden und rosafarbene Polohemden oder Oilily-Uniformen willst du trotzdem nicht tragen. Du fährst mit dem Skateboard zum Ballett und allein das reicht aus, um von der russischen Lehrerin nicht gemocht zu werden und immer am Ende der Stange zu tanzen. Das alles hast du überwunden, es sind keine bleibenden Schäden geblieben und eben genau wegen der Erziehung deiner Eltern bist du mittlerweile das Mädchen, das all die Graumänner, die es leichter hatten in der Kindheit, immer sein wollten. Das Einzige, das du vielleicht als Kind schon geahnt hast, ist, dass Beziehungen leichter sind, wenn du dich an die Vorgabe der Sparkassen und Versicherungen hältst. Ein lieber Mann mit einem geregelten Einkommen, einer, dessen Mutter ihm früh beigebracht hat, wie man Frauen behandelt und dass eine eigene Familie das Wichtigste im Leben ist. Einer, der einen Lebensplan hat, von dem er sich nicht abbringen lässt. Studium, Job, Frau, Heirat, Kinder. Zack, zack, zack. Einfach wäre es mit so einem. Sicher. Entspannt wäre es. Sicher. Sicher wäre es. Sicher.

Wieso verliebst du dich dann immer in die, die im Sportunterricht beim Tiptoptiptop als letztes auf der Bank sitzen bleiben? Nicht, weil sie nicht gut sind, sondern weil sie einfach zu unzuverlässig sind, zu oft träumen oder zu risikofreudig spielen, so dass die Mannschaft geschwächt wird und es am Ende ausbaden muss. Bekam der kleine Träumer von den Klassenkameraden am Ende des Spiels im Vorbeigehen Schläge auf den Hinterkopf, hast du seine Hand genommen. Wurde der Rebell von der Lehrerin deswegen ausgeschimpft, hast du einen Zettel mit "Du bist der Tollste!" geschrieben. Genau die sind es dann später auch, die es dir im Erwachsenenalter antun. Nur leider, leider!, ist all das Anbetungswürdige nicht mehr altersgerecht. Wir sind eben keine Kinder mehr, wir tragen sie in uns, zum Glück, aber es muss trotzdem irgendwie im Leben Schritte nach vorn gehen. Warum verliebst du dich also in die Stehenbleiber? In die, die mit 36 Jahren irgendwelche Blockaden haben und verträumt auf die große Liebe warten. Die große Liebe ist hier dieses Walt-Disney-Gefühl, diese Schmetterlinge im Bauch-Nummer, die für immer bleiben muss. Genau die sind es dann auch, die mit 36 Jahren ernsthafte Entscheidungsschwierigkeiten haben und nicht wissen was sie wollen. Und dabei aber davon überzeugt sind, dass sich das schon irgendwie löst. Mit der Zeit. Zeit. Etwas, dass diese Menschen nur eigentlich gar nicht haben. Sie werden älter, sehen es aber selbst nicht. Der Blick in den Spiegel sieht immer noch den hippen 32 jährigen mit dem smarten Lächeln. Dass die Falten um die müden Augen nicht mehr zu übersehen sind, die Haltung schlechter ist und die kleine Plauze das Sixpack ersetzt, sieht nur die Außenwelt. Auch der ich-bin-Künstler-oder-Fotograf-Schal ist mittlerweile völlig aus der Mode und während die Freunde heiraten und Kinder bekommen, hofft der übrig gebliebene Rest immer noch auf die große Liebe, die ihnen vermutlich in der Vergangenheit bereits über den Weg lief, die man aber in diesem Lebensabschnitt schlicht und ergreifend für verfrüht und für langweilig hielt. Statt auf der Bank für Verstossene sitzen zu bleiben und mal nachzudenken, scharen sie sich zusammen und gehen am Wochenende immer noch feiern und wundern sich, dass jede zweite Veranstaltung sich anfühlt wie eine Abifete. Nur ist man nicht mehr Schüler, sondern mittlerweile Lehrer. In ganz üblen Fällen sogar Direktor. Man versucht, bei einer 22 jährigen zu landen, die es irre cool findet, von einem richtigen Mann angequatscht zu werden und will eigentlich nur ihre Freundinnen beeindrucken und den Jungen eifersüchtig machen, den sie wirklich liebt.

Traurig sitzen sie dann im Taxi, knutschende Pärchen in anderen Autos beobachtend. Im Bett fühlen sie sich einsam und denken an die große Liebe, die sie mit 18 hatten. Ach, hätte ich sie doch jetzt noch in meinem Leben. Tja. Hat er aber nicht. Sie ist weg, und das nicht erst seit gestern, sondern seit tausend Jahren. Sie ist vermutlich verheiratet, bestimmt aber in einer funktionierenden Beziehung, während Cool McCool leider überhaupt nichts zwischenmenschliches auf die Reihe bekommt. Wird er gefragt, wann er das letzte Mal verliebt war, sagt er: "Hm... das war so vor 2.5 Jahren, da hatte ich für eine Woche so ein Model, die hat auch bei mir gewohnt und mir ins Bett gekotzt. Aber in die war ich wirklich verliebt." Beeindruckend. Das Problem ist, dass diese Menschen nicht gerettet werden können. Deshalb ist es unpraktisch, wenn man sich in sie verliebt. Man kramt genau dann das alte Buch mit der ausgeschnittenen Strahlefamilie hervor und fragt sich, wie dieser Mensch jemals in diese Szenerie hineinpassen soll. Denn du bist kein Model und du kotzt auch nicht ins Bett. Du bist ein etwas zu überdrehtes Hippiemädchen mit einem gesunden Hang zum Normalen, das ebenfalls auf die große Liebe wartet. Aber dabei weißt du, dass diese nichts mit Lepidopteras in den Gedärmen zu tun hat, sondern mit dem beruhigenden Gefühl, zu Hause zu sein. Morgendliche Küsse mit Mundgeruch bei dieser einen Person nicht ekelig zu finden und den Fuß im Bett rüber zu schieben.

Und weil deine Freundinnen das wissen und davon überzeugt sind, dass es einen passenden Hippiejungen geben muss da draußen, haben sie dir netterweise ein Profil auf einem Flirtportal angelegt und schon mal vorsortiert. Während du dich nun mit einem heißen Tee den Aspiranten widmest und selbst kaum glauben kannst, was du da tust, freust du dich gleichzeitig darüber, dass die große Liebe passieren wird. Sie wird sie wird sie wird. Vielleicht nicht nächste Woche, vielleicht nicht nächsten Monat und ganz sicher nicht heute. Aber das macht nichts. Du bist glücklich. Du schaust dir noch mal deine Bastelei aus Kindertagen an und durch die Risse, die Eselsohren, das Verblassen der Farbe und den frischen Teetassenabdruck wirkt das Ganze nicht mehr so steril-perfekt und aus irgendeinem Grund freut dich das.

Was mich heute zum Lachen brachte

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5
Feb
2010

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