12
Dez
2006

Krankheitsbericht

In den letzten drei Monaten war ich krank. Viel zu oft.
Aber selbst einer Allzeit-Kranken/ Hobby-Hypochonderin wie mir, eröffnete sich eine völlig neue Welt der Krankheiten.
Am Montag begann alles mit einem Kratzen im Hals.
„Keinen Grund zur Unruhe, mit dem unangenehmen Rachenreiz bist du ja schon SO (Fingerkreuz)!“
Lässig bat ich meine beste Freundin um ein paar Neoangin (Dorithricin ist natürlich auch hervorragend) und parkte eben diese durchgehend in meiner rechten Backentasche. Denn, oh Wunder, der Hals tat nur rechts weh. In der Nacht von Montag auf Dienstag wusste ich nicht, wie mir geschah. Ich wachte auf und dachte: “Heilige Mutter Gottes! WAS ist DAS???“
Wenn ich Anti-Christ die Heilige Mutter Gottes rufe, dann können sich die Menschen aus meinem näheren Umfeld sehr gut vorstellen, wie gross dieser Schmerz gewesen sein muss. Mein ungewöhnlicher Durst, der eigentlich nur eine bevorstehende Austrocknung bedeuten konnte, war nicht zu stillen, denn ich scheiterte schon kläglich beim lächerlich einfachen Versuch, meinen Speichelfluss herunter zuschlucken. Es ging wirklich nichts mehr. Mit Tränen in den Augen (vor Schmerz) torkelte ich in die Küche und suchte die Geheimwaffe: „Meditonsin.“ Ich exte sie, doch es half nichts.
Ich schob ein paar Schmerztabletten hinterher, doch mir war viel mehr nach Morphium oder Xanax. Tapfer versuchte ich, den Dienstag zu überstehen. Ich redete mir ein, dass diese Halsschmerzen doch gar nicht so schlimm wären, andere (wer sind eigentlich immer „andere“ oder auch sehr beliebt „die“??) bringen Kinder auf Feldern zur Welt oder spritzen sich selbst ihre Lippen vor dem heimischen Spiegel auf, da hauen mich doch diese Halsschmerzen nicht um. Iwooo.
Innerhalb weniger Stunden war mein kompletter Halsversorgungs-Tablettenetat aufgebraucht. Und Sie können mir glauben, der ist quasi unerschöpflich. Ein Schlaraffenland für Tablettenabhängige. Es gab nur eine Lösung: der Weg in die Apotheke. Im Auto packte mich die pure Verzweiflung… Da ich dummes Ding keinen Spucknapf mitnahm, war ich gezwungen, meine Spucke herunter zuschlucken. Mir ist bekannt, dass ich zu Übertreibungen neige, doch ich sammelte einen halben Ozean im Mund an und krallte mich dann beim finalen Schlucken regelrecht am Lenkrad fest. ES TAT SO WEH. Dabei bin ich echt im Training, ich alter Schluckspecht, hehe. Dreist parkte ich direkt vor der Apotheke. Mit vor meine ich auch vor. Beim Parken ging schon die vollautomatische Eingangstür auf. Ich schleppte mich hinein und schilderte der netten Apothekerin mein Leiden:

Apothekerin: „Guten Tag, wie kann ich Ihnen weiterhelfen?“ (Kurzer Blick auf meinen unmöglich geparkten Wagen.)
Ich: „Guten Tag, ich ernähre mich schon den ganzen Tag von diversen Halsschmerztabletten, meine Zunge ist auch schon ganz betäubt, aber meine Schmerzen gehen nicht weg.“
Apothekerin: „Ah. Haben Sie Fieber?“
(Hatte ich natürlich, sogar sehr hohes!)
Ich: „----! Pfffffff, keine Ahnung. Es tut auch nur rechts weh, also ich brauche eigentlich nur etwas stärkere Tabletten, von mir aus auch irgendwelche Krebstabletten, die es so gibt, Hauptsache es hört auf wehzutun.“
Apothekerin: „Krebstabletten kann ich Ihnen nicht geben (ACH!), aber zeigen Sie doch bitte mal Ihren Hals.“
Ich nahm den Schal ab.
Apothekerin: „Oooooooooooh, der ist aber diiiiiiick!!“
Ich: „Echt jetzt??“
(ich war aufrichtig entsetzt und verrenkte mich, um mich im Spiegel gegenüber zu betrachten.)
Apothekerin: „Oooooh jaaaa… das sehe ich ja von hier. Fassen Sie sich mal an.“
Ich: „Bitte?“
Apothekerin: „Ja fassen Sie mal ihre rechte Seite am Hals an.“

Ich gehorchte. Es war dick. Es war so verdammt dick, wie ich mir Dicke nur in meinem BH wünschen würde. Und es tat weh. Das blosse Antasten von aussen tat weh.

Apothekerin: „Nee nee neee, also da kann ich gar nichts machen! Sie gehen jetzt mal direkt zu der Frau Dr. Stegner und lassen das untersuchen. Das sieht aus wie ne richtig schöne Seitenstrang-Angina.“

Ich habe ja schon einges gehört, aber das noch nie. Und schön fand ich die auch nicht gerade. Ich ging wirklich zur Ärztin, die sehr nett war und die Apothekerin, die sehr kompetent war, hatte recht.
Ich hatte eine Seitenstrang Angina. Und die tut wirklich nur rechts weh. Oder eben links.
Ich marschierte also noch mal in die Apotheke, natürlich nicht ohne der Apothekerin meinen vollsten Respekt zu zollen, für ihre hervorragende Diagnose. Ich bekam Antibiotika.
Und da fiel mir doch diese hitzige Diskussion unter meinen Freundinnen ein. Eine Diskussion darüber, ob Antibiotika nun die Wirkung der Antibaby-Pille aufhebt oder nicht. Zu Forschungszwecken, und nur deshalb, fragte ich die Apothekerin, ob dem denn nun so wäre. Zwei Jugendliche standen hinter mir und einem entfuhr etwas übereifrig und etwas zu laut:
„Ey Digga, die fickt!“
(Nein, meine Apotheke ist nicht in Mümmelmannsberg, sondern in Poppenbüttel). „---!“ ja was sagt man da? Ich konnte nichts sagen. Aber im Auto hatte ich dann einen sehr schmerzhaften Lachanfall. Das Ende vom Lied…Mit ein bisschen Antibiotikum, das ich natürlich aus Versehen überdosiert hatte, wurde ich ziemlich schnell wieder fit. Das heisst… ich habe keine Ausrede, um die bucklige Verwandtschaft Weihnachten nicht zu sehen. Damn.
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